Content Trends: Ein Interview mit Gabriele Mühlen

Über Gabriele Mühlen:

Management-, Medien- und Kommunikationsprofi durch und durch: Als langjährige Führungskraft und Editor-in-Chief in großen Medienunternehmen wie Bauer und Burda ist Gabriele Expertin in Corporate Publishing, Content Strategie, Storytelling, Editing. 2021 gründete die studierte Geistes- und Wirtschaftswissenschaftlerin ihre Beratung GMC – Gabriele Mühlen Consult, mit der sie Unternehmen in den Bereichen Strategie, Entwicklung, Digitalisierung und Marketing unterstützt. Ihre Food-Leidenschaft entfaltet sie auch als geschäftsführende Gesellschafterin der DELAFOOD GmbH, einer Agentur für Food-Publishing, -Content und -Kommunikation. Dabei ist sie immer am Puls der Zeit, spricht am liebsten über Trends und die Möglichkeiten der Digitalisierung, ob als Speakerin, in Workshops oder privat. Außerdem fungiert Gabriele als Beirätin bei uns im foodlab.

Content Trend Platz 1 im Jahr 2022?

Snackable Content, vor allem kurze Videos, ist die Nummer 1 im Food Content Marketing. Die Aufmerksamkeitsspanne der User*innen ist bekanntlich sehr gering – um eine Markengeschichte schnell zu erzählen und Reichweite zu generieren, bieten sich deshalb prägnante, unkomplizierte Inhalte für soziale Plattformen mit Videofunktionen an. Dass YouTube mit YouTube Shorts vergleichbaren Kurzvideo-Möglichkeiten wie Instagram Reels und TikTok gefolgt ist, zeigt, wie groß die Marktchancen sind und eingeschätzt werden. Für Unternehmen bieten die kurzen Videoinhalte ein enormes Wachstumspotenzial. Sind sie gut gemacht, locken sie Konsument*innen immer wieder auf den Kanal. Handelt es sich zudem um vergängliche Inhalte, die nach einer Zeitspanne von zum Beispiel einem Tag wieder gelöscht werden, entsteht ein exklusiver Charakter. User*innen wollen nichts verpassen und kehren immer wieder zurück. Und sie verknüpfen sich dann oft auch darüber hinaus mit der Marke, etwa über die Website. So entsteht eine starke Markenbindung.

Welche Bedeutung/ Einfluss haben Influencer*Innen, Micro-Influencer*Innen?

Köchinnen und Köche, Instagramer*innen, TikToker*innen, Blogger*innen, Health-Gurus – die Bandbreite ist riesig. Generell sind sie eine wertvolle Ressource für das Thema Vermarktung. Welche Influencer*innen am besten zur Marke oder zum Unternehmen passen, hängt von Zielen und Zielgruppen ab. Legt man etwa einen Fokus auf Nachhaltigkeit, stehen Vertrauen und Glaubwürdigkeit an erster Stelle, hier sind es vor allem Sinnfluencer*innen, die entsprechende Werte teilen und vermitteln können. Insgesamt lässt sich ein Trend zu Micro-Influencer*innen beobachten. Sie haben zwar kleinere Followerzahlen, sind aber oft auf eine Nische spezialisiert und vermitteln daher hohe Authentizität. Wenn sie sich mit Produkten beschäftigen, wirkt das oft überzeugender und weniger werblich. Die Heros mit Reichweiten in Millionenhöhe setzen hingegen selbst Trends, etwa mit eigenen Produkten im Food-Bereich, obwohl sie oft gar nicht originär aus der Food-Branche kommen, wie Rapper Capital Bra mit eigener Pizza („Gangstarella“) und Eistee („BraTee“).

Welche Social Media Plattform trendet am meisten und für wen ist sie geeignet?

Das hängt u.a. davon ab, wen man erreichen will: B2B (Business-to-Business) hat mittlerweile LinkedIn Facebook und Xing überholt, B2C (Business-to-Consumer) dominiert laut Statista Content Marketing Compass 2022 der Metakonzern mit Instagram und Facebook. YouTube wird laut Studie von knapp zwei Dritteln der befragten Unternehmen bespielt.
Glaubt man den Prognosen, ist TikTok derzeit die heißeste Option für eine schnell steigende Reichweite in den Zielgruppen Millennials und vor allem Generation Z. In absoluten Zahlen reicht TikTok zwar noch nicht an die Meta-Plattformen heran, das Wachstum ist allerdings enorm, im September überschritt das Unternehmen die Eine-Milliarde-Nutzer-Grenze, soll in diesem Jahr die 1,5 Milliarden Nutzer erreichen. Und: TikTok hat nach Google Search Trends Instagram in puncto kurzer Video-Content überholt. Insofern sollten Unternehmen und Marken die Plattform unbedingt mit einbeziehen, Strategie und Investition prüfen und aufsetzen.

Wir sind von Fotos in Bewegbildformate übergegangen, was kommt als nächstes?

Fotos und Videos haben weiterhin ihre Berechtigung, und auch hier gilt: Es hängt von Strategie, Zielgruppen und Kanälen ab, welche Formate man wo einsetzt. Außerdem verschmelzen Formate zunehmend in der virtuellen Realität. Technologische Entwicklungen, künstliche Intelligenz (KI) und höhere Bandbreiten im 5-G-Netz werden Virtual Reality (VR) und Augmented Reality (AR) großflächiger möglich machen und bieten eine riesige Spielwiese für Creators. Auch das Metaverse, die Idee einer immersiven Virtual-Reality-Welt, entstanden aus dem Rebranding von Facebook, wird spannend. Einige große Food-Unternehmen sind bereits vertreten und suchen den direkten Kontakt zu Konsument*innen. Es werden hier neue Interaktionskanäle geschaffen, die etwa ein Wachstum des D2C, also Direct-to-Consumer-Geschäftsmodells, ermöglichen.

Welche drei inhaltlichen Themen sind auf den Social Media Plattformen top aktuell?

Es gibt zum einen die schnelllebigen Themen, Trends und Challenges. Baked Feta Pasta ist seit 2021 so ein Hype oder auch sich selbst beim Essen zu filmen oder Challenges wie Fake or Cake – was nur noch mit Food im weitesten Sinne zu tun hat. Eine interessante Randnotiz: TikTok startet in den USA TikTok Kitchen, ein Lieferdienst, der auf den virtuellen Trends basiert und zum Beispiel Baked-Feta-Pasta-Gerichte ausliefern soll.

Inhaltlich folgen die aktuellen Themen vor allem den Megatrends Nachhaltigkeit, Gesundheit und damit dem Bewusstsein für Ernährung sowie der Herkunft von Lebensmitteln. Zero Waste ist hier eines der Stichworte, Ideen und Produkte dazu sind auf allen Kanälen zu finden. Ein zweites ist Klimatarier: kein neuer Begriff, aber eine Ernährungsform, die stark im Kommen ist. Hier geht es um die CO2-Bilanz und Klimafreundlichkeit des Essens, vor allem um Regionalität, was aber nicht zwangsläufig Fleischverzicht bedeuten muss. Der dritte inhaltliche Trend sind It-Foods und -Drinks, Beispiele: Miso, Yuzu, Nüsse & Kerne, alkoholfreie Mix-Getränke.

Welche Bedeutung haben Audioformate im Vergleich zu Bild- und Videoformaten?

Das Auge isst bekanntlich mit, insofern ist es sicher kein Wunder, dass Fotos und Videos und entsprechende Verbreitungskanäle wie Instagram, Pinterest, YouTube und TikTok so immens hohe Reichweiten erzielen. Über Audioformate kann man wiederum andere Zielgruppen bzw. die Zielgruppen in anderen Situationen erreichen – da kommt es auf den passenden Mediamix und die richtigen Ideen an. Und die Hörerlebnisse sind unglaublich vielfältig. Podcasts gibt es zu diversen Themen, ob Gastronomie, Essen, Wein, Nachhaltigkeit, thematisch ist alles möglich. Es gibt Unterhaltungsformate im Radio, zum Beispiel das große SWR3-Grillen mit Johann Lafer, ein Radio-Live-Event, das schon seit vielen Jahren dort erfolgreich veranstaltet wird. Und nicht zu vergessen: die Sprachassistenten. Über die Siris und Alexas lassen sich von Infos über Lebensmittel bis zu Rezepten viele Food-Inhalte abrufen, ob zum Beispiel als Alexa Skill oder Web-Inhalt. Das sollte man bei Content-Strategie und -Erstellung ebenfalls berücksichtigen.

Tipps beim Erstellen von Content? 

Mein Motto: Content follows strategy – eine substanzielle und systematische Content- Strategie muss der Unternehmens- und Markenstrategie folgen. Ohne ein Leitbild und einen strategischen Ansatz lässt sich kein relevanter Content planen. Im nächsten Schritt entwickeln wir kreative Leitideen, diese beinhalten die Unique Selling Proposition, das Alleinstellungsmerkmal, und das „Warum?“, also den Nutzen. Darauf lässt sich langfristig kreatives, aufmerksamkeitsstarkes Storytelling aufbauen. Wir erstellen eine Roadmap Matrix, auf der alle inhaltlichen, technischen und zeitlichen Erfordernisse berücksichtigt werden und die wir immer wieder – wichtig! – auswerten und weiterentwickeln. Der Content selbst muss in den Kontext passen, sich stilistisch eignen, inhaltlich fundiert und authentisch sein.

Thema Storytelling: Was sind gute Geschichten, und warum ist es so wichtig diese zu erzählen?

„Humans think in stories rather than in facts, numbers, or equations, and the simpler the story, the better.“ Ein wunderbares und treffendes Zitat von Yuval Noah Harari, der es auf den Punkt bringt. Denn nur, was Emotionen weckt und Menschen so wirklich erreicht, kann auch bleibenden Eindruck hinterlassen. Und das ist sogar wissenschaftlich belegt, denn die Geschichten – und Storytelling bedeutet nichts anderes als Geschichten zu erzählen – aktivieren mehrere Bereiche des Gehirns und bleiben uns länger im Gedächtnis als reine Fakten. Es gibt unendliche Möglichkeiten für gute Geschichten, sie sollten zu Mensch und Marke passen, eingängig sein und helfen, komplexe Inhalte zu vereinfachen. Eines von vielen Beispielen im Unternehmenskontext ist Luicella’s Ice Cream. Sie machen und verkaufen Eis, wie viele andere. Doch sie erzählen ihre Geschichte, an deren Anfang die Liebe zum Eis steht, geben dem Namen einen Sinn und ihren handgemachten und natürlichen Eiskreationen einen Hintergrund. Und haben damit die Herzen vieler Kund*innen erobert. Storytelling hilft also nicht nur, Zielgruppen zu erreichen und zu binden, sondern unterscheidet Unternehmen oder deren Produkte auch vom Wettbewerb. Und: Menschen kaufen am liebsten von Menschen – sind sie sympathisch, vertreten dieselben Werte oder zeigen ähnliche Erfahrungen, identifizieren wir uns mit ihnen und ihr Produkt landet schneller in unserem Einkaufskorb.


Liebe Gabriele, vielen Dank für diesen umfangreichen Einblick in die Content Trends der Zukunft, wir verfolgen ab sofort die Trends gespannt live und freuen uns auf einen weiteren Austausch in der Zukunft mit dir! 

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